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Seniorenresidenz im Friedhof – Bauvorhaben Webersgasse

 
>>> Download „Offener Brief“
 

Liebe Mitglieder,

Wie Ihr wisst haben wir uns mit dem Thema „Verdichtung und Nach-Nachverdichtung“ in den letzten Monaten beschäftigt. Es ging zunächst um die Hintere Marktstraße, wo eine städtische Grünfläche – Schrebergärten – dem ESW übereignet wurde und nun bebaut wird. Ein sehr tüchtige Arbeitsgruppe unseres Vereins hat sich der Verdichtungsproblematik angenommen und bei der Hinteren Marktstraße, aber auch beim nächsten Fall, der Bebauung des „Akzo-Nobel-Geländes“ sich ins Zeug gelegt. Der Stadtrat, das Baureferat, das ESW wurden von uns genervt, vielleicht haben einige der Akteure gefühlt, worum es uns geht? Wohnungen sind wohl wichtig, aber wenn die Stadt nur noch ein „Wohnungsautomat“ ohne Rücksicht auf eine lebenswerte Umwelt wird, dann haben Stadtrat und Verwaltung ihr Ziel verfehlt. Unsere Stadtteile im Süden sind besonders dicht bevölkert, die Einrichtungen der Infrastruktur, z. B. Schulen, können nicht nachwachsen, unsere Stadtteile verwandeln sich im Hochsommer zu Glutöfen und letztlich ist ein blindwütiges Bauen auch kontraproduktiv. Aus der Statistik geht hervor und jeder kann es in unseren Stadtteilen erleben, dass wer kann nach wenigen Jahren wieder wegzieht, dann spricht man von Fluktuation.

Die ärgerlichste Verunstaltung unseres St. Leonhard wird gerade in der Webersgasse eingeleitet. Das Pfarrhaus soll abgerissen werden und der Pfarrgarten beseitigt werden und an deren Stelle eine achtstöckige Seniorenresidenz mit unverbaubarem Ausblick aufs Gräberfeld, auf den Leonharder Friedhof, der ewigen Ruhestätte der Senioren, gebaut werden. Wir haben bei allen erdenklichen Stellen, bei der obersten Denkmalschutzbehörde Bayerns bei der Regierung in Mittelfranken, beim ESW, bei Stadträten protestiert. Am 3. Dezember werde ich in der Bürgervereinsrunde mit unserem königlichen OB und den Referenten nochmals unseren Standpunkt vertreten. Im Anhang sende ich Euch einen „Offenen Brief“ zu der Angelegenheit, einen Architektenentwurf zu dem geplanten Klotz und eine wunderschöne Luftbildaufnahme unseres Ernst Jochers vom Friedhof und Umgebung.

Da die Sache uns nicht in Ruhe lässt, werden wir die Sache auch nicht ruhen lassen. Wir haben heute die Unterlagen, die Ihr erhaltet, auch den Medien geschickt, bis zur Deutschen Presse Agentur. Vielleicht fühlt sich jemand angesprochen.

Ich bitte Euch, den Brief durchzulesen und zu versuchen, Freund und Feind, Verwandte, Bekannte, am besten natürlich Baufachleute usw. aufzuwiegeln, uns zu unterstützen in dem Bemühen, dass dieses skandalöse Bauprojekt am besten nicht durchgeführt wird oder zumindest die Verantwortlichen daran an den Pranger gestellt werden. Es genügt doch nicht, dass wir uns für sie „fremdschämen“!

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Thaler
1. Vorsitzender

 

 

Artikel aus unserem Stadtteilmagazin Ausgabe 18, Januar 2021

Bauvorhaben Webersgasse

„Der Rentner, er schauet zu Mitten der Nacht hinab auf die Gräber in Lage,
der Mond, der hat alles ins Helle gebracht, der Kirchhof, er liegt wie am Tage.“

In Goethes Ballade „Der Totentanz“ ist es der Türmer, in unserer leicht abgewandelten, auf das Bauvorhaben in der Webersgasse bezogenen Version sind es die künftigen Bewohner der geplanten Seniorenresidenz im St. Leonharder Friedhof, denen sich dieser Anblick darbietet, sollten sie, an Schlafstörungen leidend, des Nachts einen Blick aus ihrem Fenster wagen.

Nach dem Flächennutzungsplan liegt das zu bebauende Gelände innerhalb der „Gemeinschaftsfläche Friedhof“. Gemeint ist der Leonharder Friedhof, der auch als historischer Friedhof gilt. Ist das Evangelische Siedlungswerk (ESW) bemüht, auf diese etwas robuste Weise die dort residierenden Senioren auf ihre künftige ewige Ruhestätte vorzubereiten?

Tatsächlich nimmt die Residenz den Raum des Pfarrgartens und des zum Abriss freigegebenen Pfarrhauses ein. Auf der Luftbildaufnahme die ganze rechte untere Grünfläche, die vom Friedhof auf zwei Seiten umschlossen ist. Der Gemeindevorstand hat schon vor Jahren, ohne die Gemeindemitglieder zu informieren, das Gelände dem ESW übereignet und nun steht der Abriss des Pfarrhauses und die Bebauung des Pfarrgartens an.

Da das ESW wohl mit der historischen Kirche aus dem Jahr 1317 konkurrieren will, aber wenig historisches Bewusstsein besitzt, hat es gleich ein achtstöckiges Gebäude für diesen Platz vorgesehen. Warum wurde die Stadtheimatpflegerin nicht informiert?
Der Text der Architekten und des Kunstbeirates zu diesem Meisterwerk der Baukunst hat durchaus literarische Qualität, das Hochhaus wird sogar personalisiert:
„Der Baukörper steht … selbstbewusst expressiv frei“, ist aber dennoch „einfühlsam“ und der Kunstbeirat nennt den Klotz, siehe Bild, „eigenwillig, geschickt und sensibel“. Mit diesem Text kann man auch für eine Weinverkostung werben.

Lassen wir die berechtigte Ironie beiseite. Es muss doch sehr ernsthaft gefragt werden, wie die Stadt Nürnberg, das Baureferat, dazu kommt, die im Flächennutzungsplan ausgewiesene “Gemeinschaftsfläche Friedhof“ zur Bebauung freizugeben? Nach welchen planungsrechtlichen Grundsätzen wurde das Bauvorhaben als zulässig beschieden? Wie ist die konkrete Abweichung von allen sonstigen Eigenarten des bestehenden, gewachsenen Gebietscharakters zu rechtfertigen? Zu den Eigenarten gehören Gebäudehöhe, Blockrandbebauung (nicht Bauweise als Solitär), Gebäudekubatur, Dachform, Fassadengestaltung. § 34 der Bauordnung verfügt doch, dass sich Neubauten in die vorhandene Bebauung einfügen, dazu passen müssen.

Wie ist dies vor dem Hintergrund des historischen Umfeldes mit vielen denkmalgeschützten Gebäuden zu rechtfertigen? Es soll doch wohl der „historisch-städtbauliche Gebietscharakter“ noch bewahrt werden. Die Situierung der Seniorenresidenz in der Friedhofsfläche und die Gestaltung des Baukörpers berührt aber auch den Bereich des Berufsethos, das den handelnden Akteuren wohl etwas abhanden gekommen ist.

Ein schwerwiegender ethischer Mangel wäre für uns, wenn die Verantwortlichen an diesem Bau bestrebt sein sollten, den Bewohnern durch den tagtäglichen Blick auf die Gräberfelder die baldige Zukunft, ihr Ableben, zu vergegenwärtigen. Ob eine solche Absicht besteht oder es nur an Phantasie mangelt, muss offen bleiben.

Klaus Thaler

 

 

Artikel aus unserem Stadtteilmagazin Ausgabe 18. Januar 2021

>>> Bebauungsplan ansehen

Bebauung Lochnerstraße auf dem Gelände der vormaligen Akzo-Nobel-Fabrik

Was ist auf dem Gelände der ehemaligen Lackfabrik Mehnert & Veeck – zuletzt von Akzo Nobel genutzt – zwischen Lochnerstraße, Hinterer Marktstraße und Holzwiesenstraße geplant ?

Die Lackfabrik war für die Umgebung jahrzehntelang ein erhebliches Ärgernis aufgrund des penetranten Geruchs der in großen Mengen dort lagernden Lösemittel und der Lackproduktion. Noch in den 1980er Jahren wurden die Lösemittel und Farbpigmente in offenen Behältern gemischt.

Interessant ist die Historie zu dem Betriebsgelände.
Im 18. Jahrhundert entstand hier zunächst ein prächtiges Gebäude des Schweinauer Wiesenwirts mit Tanzsaal und repräsentativen Zimmern, großer Küche, Lagerräumen und Pferdestallungen. Danach erwarb ein Graf von Pückler und Limpurg das repräsentative Anwesen. Er hatte sich mit seinen Brüdern zerstritten und musste seine Wohnung im Burgfarrnbacher Schloss räumen. Nach seinem Tod im Jahr 1816 ging der Herrensitz an den Bleistiftfabrikanten Johann Mulzer. Seitdem wurden dort Fabrikationsgebäude errichtet und im frühen 20. Jahrhundert wurde daraus eine Lackfabrik, ab 1924 unter dem Namen Mehnert & Veeck. Das einstige Herrenhaus wurde bei einem Luftangriff im 2. Weltkrieg vollständig zerstört.

Nach der Aufgabe der Lackfabrikation am Standort in Schweinau wurde das ca. 19.000 m² Betriebsgelände von der KIB-Gruppe und dem Evangelischen Siedlungswerk ESW erworben. Es wurden alle Betriebsgebäude abgerissen und das Baufeld geräumt, dabei auch bereits 10 Bäume gefällt, und umfangreiche Bodensanierungsmaßnahmen durchgeführt.

Die beiden Immobilienunternehmen wollen auf dem Areal eine dichte Wohnbebauung realisieren. Die KIB Gruppe wird Eigentumswohnungen und das ESW Mietwohnungen in getrennten Baublöcken errichten. Hierfür wurde ein städtebaulicher Wettbewerb von KIB und ESW durchgeführt. Eine hohe Bebauungsdichte war vorgegeben mit 40.000 m² Geschossfläche für 385 Wohnungen als Zielgröße. Die vorgeschlagenen Baublöcke des ersten Preisträgers haben insgesamt 46.000 m² Geschossfläche.
Im Rahmenplan der Stadt Nürnberg für den Bebauungsplan zur Umnutzung der gewerblichen Baufläche in Wohnbaufläche wurden daraus dann 49.180 m² Geschoßfläche für 425 Wohnungen. Diese Wohnungen sollen in drei fünf- bis siebengeschossigen Quartieren untergebracht werden. Für die dort möglichen 850 neuen Bewohner ist nur eine 3.660 m² große Grün- und Freifläche mit Kleinkinderspielplatz zwischen den Wohnblöcken vorgesehen. Die Anzahl der angebotenen Autostellplätze ist noch völlig offen. Für die geplanten 425 Wohnungen müsste ein Parkhaus gebaut werden.

An der Hinteren Marktstraße ist in einem der neuen Wohngebäude im Erdgeschoss ein Kindergarten mit Grünfläche und Kinderspielplatz geplant. Und am Ende der Holzwiesenstraße zur Nopitschstraße hin ist ein Kinder- und Jugendhaus mit Standort für die beiden Spielmobile vorgesehen.

Die Umnutzung des Gewerbeareals der Lackfabrik in Schweinau zu einem neuen Wohnviertel wird sicherlich von allen Anwohnern und Wohnungssuchenden begrüßt. Problematisch ist die geplante Neubebauung jedoch vor allem hinsichtlich der Höhe der Gebäude und der Anordnung in drei geschlossenen Blöcken mit minimalem Abstand zum gegenüberliegenden Gebäudeteil und sehr schlechter Belichtung bzw. Belüftung einer großen Anzahl von Wohnungen. Dichte Bebauung bei entsprechenden Rahmenbedingungen wird überall gefordert, dabei müssen jedoch die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse in der Wohnung und im Wohnumfeld gewährleistet werden.

Auch ausreichende Abstände zu den bestehenden Nachbargebäuden sind erforderlich.
Nur Wohnungen aufeinander stapeln, um hohe Immobilienrenditen zu erzielen, ist sicher der falsche Weg. Die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige verdichtete Bebauung wurden auch in Nürnberg in den vergangenen Jahren diskutiert und vom Stadtrat als Vorgabe für Investoren und Verwaltung beschlossen. Beim konkreten großen Wohnungsbauprojekt auf dem Areal der ehemaligen Lackfabrik in Schweinau will leider nimand mehr davon wissen.
Siehe Bebauungsplan

Der fertige Bebauungsplan-Entwurf muss nochmals vier Wochen öffentlich ausgelegt werden. Der Stadtrat behandelt dann in öffentlicher Sitzung die eingegangenen Bedenken und kann anschließend den Satzungsbeschluss fassen. Dann besteht Baurecht für die beiden Immobilienunternehmen.

Beschlossene Rahmenbedingungen für die Planung:
Freiraumkonzept Stadt Nürnberg, 2014, Aktionsplan Kompaktes Grünes Nürnberg 2019, Stadtklimagutachten Nürnberg, 2014, Handbuch Klimaanpassung 2012, Klimafahrplan Nürnberg 2014, Luftreinhalteplan-/Aktionsplan 2010, Lärmaktionsplan Nürnberg 2019

Thomas Geismann

 

 

Artikel aus unserem Stadtteilmagazin Ausgabe 18, Januar 2021

Neues vom Entsorgungsstadtteil Schweinau – Altholzverbrennungsanlage in Sandreuth geplant

Zu diesem Vorhaben hat unser Mitglied und früherer Vorsitzender Thomas Geismann einen sehr fundierten Beitrag geschrieben, der als Brief des Bürgervereins zusammen mit unseren Forderungen an das Stadtplanungsamt weitergereicht wurde.

Im folgenden die wesentlichen Aussagen.

Das Vorhaben
Auf dem Gelände der N-Ergie an der Sandreuthstraße soll zusätzlich zu den bestehenden Anlagen zur Strom- und Fernwärmeerzeugung eine Altholzverbrennungsanlage errichtet werden. Hier sollen Althölzer aus einem Umkreis vorn 85 km verbrannt werden.

Die bestehende Müllverbrennungsanlage TAN ist an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt, nachdem hier bereits zusätzlich der Hausmüll aus Fürth, Schwabach, dem Landkreis Nürnberg und dem Landkreis Fürth verbrannt wird.

Die Einwände des Bürgervereins
Die Problematik des Standorts inmitten der Kernstadt wird (im Planungsentwurf) nicht aufgezeigt und es wird nicht erläutert, welche Maßnahmen zur Kompensation für die umliegenden Stadtteile für die von der neuen Anlage ausgehenden Belastungen vorgesehen sind. Bereits die bestehende Müllverbrennungsanlage TAN stellt seit Anfang an eine permanente Belastung für die anliegenden Stadtteile dar. Hier weitere Verbrennungskapazitäten aufzubauen, die mit einer solchen Umweltbelastung aus Materialtransport und Schadgasreinigung einhergehen, ist schlichtweg unverantwortlich.

Die genehmigungsrelevante Leistungsfähigkeit der geplanten Altholzverbrennungsanlage wird nicht veröffentlicht. Diese Werte aber sind für die Beurteilung der Auswirkungen der geplanten Anlage und für das Genehmigungsverfahren erforderlich.

Das Brandrisiko der geplanten Anlage wird gering eingeschätzt, wie schon bei der Müllverbrennungsanlage TAN. Hier steht im Planfeststellungsbeschluss, dass ein Müllbunkerbrand in spätestens 20 Minuten gelöscht ist. In Wirklichkeit hat es schon mehrfach tagelang – bis zu einer Woche – gebrannt, mit unkontrollierter Schadgasausbreitung in die benachbarten Wohnviertel.

Demzufolge ist auch bei der geplanten Anlage mit einem hohen Brandrisiko zu rechnen, besonders in Hinblick auf den nur 120 Meter entfernten Heizöltank mit 4.000 m³ = 4 Mio. Litern Fassungsvermögen.

Die angeführte mögliche Nutzung eines alten Bahnanschlusses ist ohne jede Realisierungschance. Bereits bei dem Neubau der Müllverbrennungsanlage TAN war dies Bestandteil der Planfeststellung und konnte trotz der viel größeren Verbrennungsmengen nicht realisiert werden.
Die Althölzer fallen wie beschrieben in 85 km Umkreis an, für eine Verladung auf die Bahn an einer Vielzahl von Stellen in der Region fehlt schlichtweg die lnfrastruktur und diese ist auch nicht wirtschaftlich herstellbar. Dieses sollte auch klipp und klar so eingestanden und es sollten keine Luftschlösser aufgebaut werden.

Althölzer der Kategorie A IV sind gefährliche Abfälle und unterliegen der Register- und Nachweispflicht. Sie dürfen gewerbsmäßig nur mit einer speziellen Transportgenehmigung befördert werden. Durch die halbe Stadt sollen diese gefährlichen Abfälle mit einer Vielzahl von Lkws in die Sandreuthstraße transportiert werden.

Der Bürgerverein St. Leonhard / Schweinau e.V. fordert:
– Verzicht auf die Anlage an dem geplanten Standort.
– Keine weitere Verbrennungsanlage in klimatisch vorbelasteten Stadtvierteln.
– Keine Verbrennung der gefährlichen
– Abfälle der Kategorie A IV

Thomas Geismann (Eva Hiller)

>>> Bebauungsplan ansehen