„Consul“ Feuerzeuge
Firma Gebrüder Koellisch, St. Leonhard
Artikel aus unserem Stadtteilmagazin Ausgabe 13, Juli 2018
Der „Consul“ von St. Leonhard
Da fragt sich die geneigte Leserin und der geneigte Leser, wer dies sein könnte? Vor allem, wenn man noch erfährt, dass dieser „Consul“ weitreichende Beziehungen unterhielt, so nach Melbourne, Valparaiso, Hongkong, Johannesburg usw. Sicher war er auch bei jeder Regierungssitzung in Bonn dabei.
Des Rätsels Lösung ist relativ einfach: Hinter dem Markennamen „Consul“ verbirgt sich eine ganze Kollektion von Feuerzeugen der Firma „Gebrüder Köllisch“ aus der Kreutzer-/Orffstraße und der Kunigundenstraße. Das waren noch glorreiche Zeiten für Raucher, als die schweren Tischfeuerzeuge die Sitzungszimmer und den Kabinettstisch der deutschen Bundesregierung zierten, sich exklusive Anzünder auch in Damenhandtaschen fanden.
Auf einer Aufnahme aus der Zeit der Regierung Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt, Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß kann ich deutlich elf Aschenbecher, zwei volle Zigarrenkisten und vor jedem Kabinettsmitglied Zigarettenschachteln erkennen. Wetten, dass auch der „Consul“ dabei war.
Das war dann wohl ein Tischfeuerzeug für sage und schreibe 195,- Mark – in den 60er und 70er Jahren ein ganz erheblicher Betrag. Man konnte ein Qualitätsfeuerzeug aber auch schon für 3,90 Mark erwerben. Die Feuerzeug-Palette umfasste schließlich zehn Consul-Feuerzeuge in verschiedenen Ausführungen. Die Jubiläumsschrift von 1973 geht auch auf die stolze Technik ein: „Das Verkaufsprogramm … umschließt sowohl steingezündete Reibradfeuerzeuge als auch kristall-elektronisch und elektromagnetisch gezündete Feuerzeuge“.
Beim Stichwort „Jubiläum“ kann sich der geneigte Leser also schon denken, dass die Firma der „Gebrüder Köllisch“ 1873 gegründet wurde. Für Bernhard Köllisch, den Gründer, trifft die Bezeichnung „Unternehmer“ noch in vollem Wortsinn zu. Er beginnt in einem bescheidenen Raum in der Kleinweidenmühle und versucht sich in der Herstellung verschiedener „Kleinmetallwaren“, unter anderem auch der von Spielzeugen. Daran erinnerten noch die späteren Tischfeuerzeuge in Gestalt einer Windmühle oder verschiedener Automodelle. Bald siedelte die Firma nach St. Leonhard über, und zwar an die Ecke Orff-/ Kreutzerstraße. Dieses Fabrikgebäude wird nun einem Wohngebäude weichen.
Hundert Jahre Firmengeschichte, das spricht sich leicht aus, aber das bedeutete einen zweimaligen Neuanfang nach den beiden verheerenden Kriegen des 20. Jahrhunderts. Das leistete noch die Unternehmerfamilie Köllisch. Die Ernte dieser Anstrengungen konnte später die Weltfirma „Braun“ einfahren.
Nach dem zweiten Weltkrieg stellte Köllisch dann auch noch Hülsen für Lippenstifte her, hatte also im Kosmetikgeschäft ein zweites Standbein. Die Ausweitung des Geschäftes verlangte nach einer Betriebserweiterung. So entstand eine weitere moderne Produktionsstätte in der Kunigundenstraße. Das florierende Unternehmen der „Gebrüder Köllisch“ war natürlich interessant für größere Firmen. 1971, noch vor dem Jubiläum, erwarb die Braun AG die Aktien der Köllisch AG. Es ist ja klar, dass die Vertriebsorganisation der Braun AG nun auch dem Vertrieb der Feuerzeuge zu gute kam. Jetzt waren sie auf der ganzen Welt zu haben.
Damit einher ging eine Verdoppelung der Beschäftigtenzahlen, und zwar von 270 Mitarbeitern, vor allem Frauen, auf 530.
Das waren noch idyllische Zeiten! Viele Leonharder/innen und Schweinauer/innen arbeiteten gleich nebenan in der Feuerzeugfabrik. Besonders hervorzuheben ist, dass die „Gebrüder Köllisch“ einen der ersten Firmenkindergärten in Nürnberg einrichteten. Es versteht sich dann auch von selbst, dass es eine Betriebskantine mit eigener Küche gab.
Diese kurzen Wege zur Arbeit und die Sozialeinrichtungen weiß man sicher erst heute richtig zu schätzen, wenn man im morgendlichen Berufsverkehr im Stau auf dem Frankenschnellweg steht oder als Eltern verzweifelt einen Kindergartenplatz sucht.
Peter Köllisch, der Sohn des letzten Firmeninhabers, hält die Erinnerung an das Familienunternehmen noch aufrecht. Etliche Feuerzeuge, auch die etwas verspielten, die er noch aufbewahrt, sind auch stadtgeschichtliche und für unseren Bürgerverein „stadtteilgeschichtliche“ Erinnerungsstücke.
Herzlichen Dank an Peter Köllisch für die Überlassung der Dokumente und Unterlagen für den Artikel in unserem Stadtteilmagazin.
(Klaus Thaler)